Notenfund komplettiert Abel-Manuskript
Ein Abel-Notenfund im Schloss Köthen komplettiert ein Manuskript des Komponisten und Musikers und liefert den Beweis dafür, dass Carl Friedrich Abel, 1723 in Köthen als Sohn des Hofmusikers Christian Ferdinand Abel geboren, die Kontakte in seine Heimatstadt und zum Hof von Anhalt-Köthen auch noch pflegte, als er bereits eine der berühmtesten Persönlichkeiten Londons war.
Im Februar 2019 konnte der Gambist Thomas Fritzsch einige aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stammende Manuskripte aus dem Bestand des Schlosses Köthen untersuchen und erkannte in ihnen Abels Handschrift. Fritzsch stellte dabei fest, dass der Verlust von ungefähr einem Viertel des ursprünglichen Seitenumfanges zu beklagen war. Die 15 fehlenden Seiten des 61 Notenblätter umfassenden Manuskriptes der Sechs Trios Opus 3 für zwei Violinen, Cembalo und Violoncello entdeckten Museumsmitarbeiter vor wenigen Wochen bei Recherchen für die kommende Sonderausstellung im Schloss Köthen unter Dokumenten des Homöopathie-Begründers Samuel Hahnemann, der von 1821 bis 1834 in Köthen lehrte und praktizierte.
„Ich war von diesem Fund so fasziniert, dass ich bis Mitternacht des Fundtages mithilfe weiterer Abel-Quellen entschlüsselte, dass es sich bei den gefundenen Manuskripten bis zur letzten Seite um die bislang vermissten Blätter handelt, die vermutlich bereits im 19. Jahrhundert durch unglückliche Umstände verlegt wurden“, so Thomas Fritzsch, der als Abel-Fachmann vom Schloss Köthen um eine Expertise zum Notenfund gebeten worden war.
Ein den 2019 in Augenschein genommenen Manuskripten beigelegter handschriftlicher Brief, der mit C. Klug unterzeichnet ist, belegt, so Fritzsch, dass der Verlust der Abel-Noten schon zu einem früheren Zeitpunkt (wahrscheinlich 1937) bemerkt wurde. Der Musiker konnte anhand von Schriftproben nachweisen, dass der Unterzeichner des Briefes der Violoncello-Professor Christian Klug ist. Klug (1892-1977) studierte Viola da gamba in München und zählt zu den Pionieren des Gambenspiels. Im Auftrag der Stadt Köthen richtete er 1937, am 150. Todestag Abels, eine Carl-Friedrich-Abel-Gedenkfeier im Thronsaal (heute Spiegelsaal) des Schlosses aus, die durch eine Abel-Ausstellung ergänzt wurde.
Nach der Zusammenführung aller Manuskriptseiten verfügt das Schloss Köthen nunmehr über ein wertvolles und vollständiges teilautographes Manuskript der Sechs Trios Opus 3 für zwei Violinen, Cembalo und Violoncello von Carl Friedrich Abel.
Die Datierung des Manuskriptes lässt sich, laut Thomas Fritzsch, eng eingrenzen: Am 29. Mai 1761 gab Abel in London diese Sechs Trios Opus 3 zunächst auf eigene Kosten in den Druck, der sich offenbar so erfolgreich verkaufte, dass bis zum Folgejahr 1762 nicht weniger als fünf Verleger in London, Amsterdam, Den Haag, Paris und Leipzig weitere Druckausgaben erscheinen ließen. Ob der Köthener Hof die Kompositionen bei Abel in London bestellte oder ob Abel sie ohne Auftrag zur Eigenwerbung nach Köthen sandte, bleibt unklar. „Wäre zum Zeitpunkt der Übersendung an den Köthener Hof Abels Londoner Erstdruck vom 29. Mai 1761 bereits erschienen gewesen, hätte Abel diesen Erstdruck gewiss mit Stolz präsentiert, anstatt Kosten und Zeit in ein kopiertes Exemplar zu investieren“, meint Thomas Fritzsch. Das englische Papier des Köthener Manuskripts - an seiner Prägung zu erkennen - grenze dessen Entstehungszeitraum auf die Zeit von Frühjahr 1759 (Abels Ankunft in London) bis Mai 1761 (Erscheinen des Erstdrucks) ein. „Das Köthener Exemplar ist damit die früheste handschriftliche und teilautographe Überlieferung von Abels Opus 3. Dies bestimmt den Wert des Fundes im Schloss Köthen, den wir stolz der Öffentlichkeit präsentieren“, so Fritzsch anlässlich der Vorstellung der Noten im Schloss Köthen.
Geplant ist von Thomas Fritzsch eine Konzertaufführung von Abels Opus 3 im Schloss Köthen, sobald die äußeren Umstände dies zulassen, und eine Edition des Werkes. „Damit befinden wir uns dann bereits in der Vorbereitung auf den 300. Geburtstag Carl Friedrich Abels, den wir im Jahre 2023 gebührend feiern möchten“, so der Gambist, der im Rahmen der Notenpräsentation am 15. April im Schloss Köthen auf einer Viola da gamba (1733/Jacob Weiß/Salzburg) musizierte, die aus dem Besitz von Christian Klug stammt und möglicherweise unter dessen Händen bereits 1937 zur Carl-Friedrich-Abel-Gedenkfeier in Köthen erklang.